10. Dessauer Berg- und Talrallye

Mit KKM-Teilnahme: ein Bericht der Marathon begeisterten Kanuten Tanja und Ingo Sommer


Mit dem Beginn unser Paddel-Karriere 2015 schauten wir immer voller Ehrfurcht zu den alten Paddel-Assen auf; wollten diesen weder zur Last fallen noch sie behindern. Gern nahmen wir aber ihre Hinweise und Tipps an. 


Zuerst galt es sich mit dem Hausbach Rhein anzufreunden. Der meistbefahrene Strom Europas ist für uns Kanuten eine Herausforderung in vielerlei Hinsicht - für einen Paddel-Novizen erst recht. 

Trotzdem wurden die Strecken auf dem Fluss immer länger. Und mittlerweile grüßen wir 40 km hoch und runter vom KKM aus jede Krippe; wissen von allen Hafenein- und Hafenausfahrten, kennen die Tücken des einen oder des anderen Kehrwassers und die Veränderungen bei unterschiedlichen Wasserständen. 

Mit dem Mehr an Erfahrung ging einher, dass wir unsere Ansprüche an Ausbildung und Technik stetig gesteigert haben.  Das, so zeigt sich, ist für Späteinsteiger im Kanusport, welche sich im Beruf immer wieder beweisen müssen, selbstverständlich. Stellt man sich aber jenseits der Fünfzig einem sportlichen Wettkampf, so ist man bereits Wochen vorher unter Hochspannung. Vor meinem ersten Marathon hatte ich das selbst durchgemacht, konnte daher mein liebes Eheweib nur zu gut verstehen. 


Es ist doch  etwas völlig anderes, ob wir zusammen stromauf 16 km durch Köln paddeln oder bei einer Rallye auf der Elbe antreten. Noch größer werden die Zweifel, wenn man am Abend zuvor die Boote der Marathonspezialisten und ihre Regattaerfahrungen wahrnimmt. Plötzlich steht man in einer Reihe mit Surf Ski fahrenden Altmeistern des Kanusports, fühlt sich klein und unbedeutend. Im Miteinander kommen aber gerade von diesen Assen die Anerkennung der Leistungen der Hobbysportler zum Ausdruck. 


In Dessau startet man vom Steg im Minutenabstand: die Hobbysportler zuerst, die Spezialisten zuletzt. Ich selbst ging als Vierter ins Rennen; Tanja hatte den Startplatz Nummer 14 - für uns beide, die den Partner auf dem Wasser nie aus dem Auge verlieren, bereits ungewohnt. 

Vom Elbkilometer 261,3 Dessau zum Elbkilometer 245 Vockerode und zurück - alles unter 3 Stunden ist top. Tanja hatte sich vor allem vorab über die Schifffahrt  Gedanken gemacht, als Rheinanlieger verständlich. Auf der Elbe begegnete sie einem kleinen Schlauchboot. Das war es dann auch bereits. Die flachen Ufer der Elbe mit einer Schafherde und der sie aus Knopfaugen betrachtende Bieber entsprachen voll ihrem Geschmack. 



Trotz unserer Anstrengungen wurden wir unabhängig voneinander immer wieder überholt. Den Tipp von Klaus "Du lässt viel liegen das Paddel steiler" konnte ich nur ungenügend umsetzen. Von vielen gab es ein Nicken oder ein Zwinkern, wenn sie vorbeizogen. Am Wendepunkt bei Vockerode flog mir ein "Super, ist gut, und jetzt flott zurück" entgegen. Prompt wurde das mit Gegenwind belohnt.  Es war kalt, der Wind schneidend, ich suchte von der Flussmitte immer wieder das Ufer ab - wo ist Tanja?

Langsam machte ich mir Sorgen. Diese wuchsen nach jeder Biegung des Flusses!

Endlich! Da ist der Rosa-Tupfer in Ufernähe.

Auf Rufweite heranfahrend: "Du schaffst das! Gleich hinter der Brücke ist die Wendemarke. Fahre rechts am rechten Brückenpfeiler vorbei!"

Später erfuhr ich, dass sie sich an der Wendemarke für ihr spätes Eintreffen entschuldigte. Selbst am Limit sein aber an die anderen Kameraden und ihre Befindlichkeiten denken - auch das macht unseren Sport aus. 


Kurz vor dem Ziel fuhr der Zweier mit Frank und Thomas, welche sich für mich locker zu unterhalten schienen, an mir vorbei. An ein Gegenhalten meinerseits war nicht mehr zu denken. 

Direkt nach dem Eintreffen am Ziel: ab unter die warme Dusche, Wunden betrachten - eine neue Erfahrung meinerseits. Vor lauter Übereifer meinte ich am Start, darauf verzichten zu können, zwischen Rückengurt und Haut etwas Stoff zu haben. Nach zehn Kilometern musste ich doch die Spritzdecke lüften und die Sachen zurecht zupfen. Nun unter der Dusche "brannte" es. Vasiliy, der harte Bahnfahrer aus der Ukraine, war entsetzt über mein Blutopfer. Iswini (Entschuldige) Vasiliy, kommt nicht wieder vor. 

Raus aus der Dusche suchte ich als erstes die Wiese nach einem Boot mit rosa Streifen ab. Nichts!!! Hat sie doch aufgegeben..., bitte nicht, das wäre bitter! Kaum ein Auge für den großartigen Kuchen habend, auf die Schnelle eine Wurst verschlingend hielt ich Ausschau nach Tanja. Der Wind hatte zugenommen, Böen rauschten über das Wasser. Auch ich hatte einmal das Paddel losgelassen als mich  eine erwischte... So lange hatte ich sie noch nie allein auf dem Wasser gewusst... die Gedanken fingen an zu kreisen. Sollte ich ihr entgegenfahren, den Organisator bitten, mit einem Boot das Ufer abzusuchen?... Noch war der Zeitrahmen nicht abgelaufen... Endlich kam sie!! Puh, was für eine Erleichterung für mich. Aber wie groß war meine Überraschung als ich neben mir auf dem Deich mehr als 50 Sportfreunde und Begleiter wahrnahm, welche Tanja, als sie das Ziel passierte,  applaudierten. Lediglich zwei Frauen hatten im K1 sich dem Kurs bei diesem Wetter gestellt. Gemeinsam halfen wir Tanja aus dem Boot und schickten sie sofort unter die warme Dusche. Alle Teilnehmer haben das Ziel erreicht (Ergebnisse). In diesem Moment waren wir eine große Familie, die sich gemeinsam freute.


Bei der Siegerehrung wurde viel gelacht, es gab doch die eine oder andere Anekdote. Ein selbstgebautes, teilbares K2 Holzboot, das sauber vor allen ins Ziel eintraf, trug genauso dazu bei wie Tanja, die für ihre "Entschuldigung" am Wendestab selbigen feierlich zur Erinnerung überreicht bekam.


Zum Abschluss nach dem traditionellen "Sport Frei" verteilten wir uns. Einige fuhren sogleich nach Hause, andere sahen sich die Bauhäuser in Dessau an oder saßen im historischen, denkmalgeschützten Junkers Bootshaus und klönten etwas.


Ein toller sportlicher Event mit Gleichgesinnten hatte sein Ende gefunden.


Ingo Sommer





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