Teil 1: Vier vom KKM machen sich auf zum EPP3-Küste - berichtet von Ingo Sommer
Es war vorab geklärt, dass nicht jeder den Schein erwerben möchte. Dass es nach der Corona-Zwangspause um so spannender wird, war allen klar. Nach dem Navigationslehrgang im Oktober 2021, der natürlich die Problematik der Tide und die Orientierung mit Hilfe von Tonnen und Kompasskursen zum Hauptgegenstand hatte, folgte nun die Praxis.
Durch leichte „Turbulenzen“ in der Orga verschlug es uns statt nach Norden zum Wilhelmshavener Kanu-Klub 1927 - danke für die unkomplizierte Aufnahme nochmals auf diesem Weg.
Das bedeutete eine nicht unerhebliche Fahrerei, aber eigentlich sind wir Paddler oft auch Motorsportler bei den Kilometern über Land, welche wir manchmal für einen kurzen Trip auf dem Wasser abspulen.
Unser erster Trip in Wilhelmshaven musste unbedingt zu dem nächsten Fischbrötchen führen, das hat Tradition. Das bedeutete: Im Ems-Jade-Kanal von der Schleuse Mariensiel zur Kaiser-Wilhelm-Brücke. Diese wenigen Kilometer vergingen wie im Fluge, der Segel & Jacht Club erlaubte uns Paddlern, auf ihrer Wiese die Boote abzulegen - vielen Dank auf diesem Weg dafür.
Fischbrötchen mit Meeresbrise - das hat was, hmm... wie lecker! Nach dem anschließenden Blick über den Jadebusen bekamen wir großes Verlangen, uns diesem Gewässer zu stellen. Klein aber nicht einfach; Tide plus 3 bft, in Böen 4 bft, sind nicht zu unterschätzen. Das Verlangen meiner Kölner Sportkameraden war groß, besonders bei Markus, der sich für Hiddensee einschaukeln wollte, und auch Martyna wollte neue Horizonte ergründen – bei Tanja brauchte es noch etwas Überzeugungsarbeit - die Entscheidung viel mir nicht leicht. Das würde etwas Neues werden. Nach kurzer Absprache mit Marc Huse, dem DKV-Wandersport-Verantwortlichen, welcher uns bis dorthin geführt hatte, stand fest: Wenn das noch was werden sollte, dann sofort, denn die auflaufende Tide fing schon bald an, in die Ebbe zu kippen. Wegpunkte wurden besprochen, Boote über den Deich getragen, der den Ems-Jade-Kanal vom Jadebusen trennt, einsetzen, und los ging's vom Fliegerdeich zum Leuchtturm Arngast mitten im Jadebusen und sofort ohne Verzögerung zurück.
Eindringlich mahnte mich Marc zuvor, immer den Betonklotz gegenüber der Schleuseninsel zu umfahren und auf keinen Fall auf direktem Wege abzukürzen! Also los - was für eine Fahrt, wir hatten den Eindruck, es frischte immer mehr auf. Am Klotz angekommen, fragte ich jeden ab: Leuchtturm oder Abbruch!? Die Gruppendynamik schlug mal wieder zu, einen Kilometer weiter kämpften vor allem die Frauen mit Wind, Welle und dem daraus resultierenden Versatz. Wind und ungleichmäßige Wellen von hinten. Was hätten wir stärkeren Kerle für einen Spaß, aber unsere Gruppe musste zusammenbleiben. Eine Verständigung war nur mit „starker“ Stimme noch möglich, und ja: Es gab die eine oder andere Ermahnung, bei der Gruppe zu bleiben. Wir kämpften alle: ich damit, die Übersicht und die Gruppe beisammen zu halten, andere mit den Bedingungen, welche ungewohnt fordernd waren, nicht zuletzt aber auch unser träger „PE-Eisvogel“ vom Verein, der solch rauhe See nicht gewohnt war und auch nicht unbedingt dafür gebaut ist. Am Leuchtturm angekommen, holte ich die Gruppe auf der Leeseite zusammen. Was dann folgte ließ mich innerlich etwas grinsen: Keiner hatte sich die Landmarken für die Rückfahrt gemerkt. Eine Erfahrung, welche ich in der Vergangenheit selbst gemacht habe, seitdem ist immer mal wieder sich umdrehen Teil meiner Routine auf größeren Wasserflächen. Genau dafür waren wir hier: Das Erlernen der Navigation in der Praxis.
Nun ging es gegen Wind und Wellen zurück um den Klotz herum, und dann hatten wir wunderbare große langgezogene Wellen mit dem Wind von hinten (upwind) im Dangaster Außentief, während der bereits einsetzende Ebb-Strom diesen hervorragenden Wellengang begünstigte. Jedem gelang nun der eine oder andere Surf, nur Martyna hatte leider das Nachsehen mit dem schwerfälligen PE-Boot und musste wesentlich mehr gegen den Ebbstrom ankämpfen. Tanja musste zeitweise feststellen, dass sie mit ihrem Skinner und ihrer leichten Statur zeitweise zu hoch auffuhr und somit ebenfalls Schwierigkeiten hatte, nicht quer in die Welle zu schießen – von daher beiden Damen mal ausdrückliche Anerkennung unter erschwerten Bedingungen!
Am Ausstieg hatte ich etwas Grummeln im Bauch, hatte ich doch das eine oder andere Mal eine nachdrückliche Ermahnung verteilt. Umso größer war meine Überraschung, als ich in fröhliche, begeisterte Gesichter sah. Das Bild spricht - nehme ich an - für sich. Marc, schien ebenso zufrieden, als ich ihm den aufgezeichneten Treck vorzeigte: wir hatten seiner Anweisung Folge geleistet, waren brav um den Block herum gefahren.
In den folgenden Tagen ging es von Norddeich nach Norderney und von Neuharlingersiel nach Spiekeroog. Auf letzter Insel traf nun unsere auf 20 Mitglieder angewachsene Gruppe gute Bekannte aus Vereinen von NRW. Die am letzten Morgen verteilten EPP3 stimmten uns alle froh. Die einbehaltenen sind Ansporn zum Erlernen der Rolle.
Dass die KKM-Gruppe die Erlebnisse unserer Fahrt zum Leuchtturm in puncto Spaßfaktor über die der ersten Nordsee-Insel stellte, macht mich im Nachhinein stolz. Für mich selbst musste ich mir nach den Inselfahrten eingestehen, mehr Akzeptanz gegenüber langsameren Paddlern in Zukunft walten zu lassen. Wie wir eine Differenzierung von Touren vornehmem, entzieht sich noch meiner Kenntnis, eine Lösung wird es sicherlich auch dafür in unserem Verein - dem KKM - geben.
Einen Dank nochmals in Richtung des DKV – NRW insbesondere Marc Huse, welcher diese Veranstaltung trotz vieler Nebenengagements ermöglicht hat. Ob andere in diesem Format folgen werden, ist leider offen, da er seine Schwerpunkte an anderer Stelle sieht.
Teil 2: Inselgehopse - erzählt von Markus Pütz
Nach der ersten Tuchfühlung mit offenen Tidengewässern der Nordsee, dem Jadebusen, ging am Samstag, dem 04.06.2022, der offizielle Teil des Navigations-Workshops los. War der Freitag noch weitestgehend als eigenständige Fahrt unter „KKM-ler:innen“ gelaufen, wo sich das „Jadebusen-Quartett“ ja schon untereinander kannte, galt es von nun an, sich in einer Groß-Gruppe von gut 20 Leuten zu organisieren.
Auf dem Plan standen die drei Nordsee-Inseln Norderney, Spiekeroog und Baltrum, zu denen die EPP3-Aspirant:innen jeweils eine Hin-und Rücktour von den jeweiligen Festland-Häfen geplant hatten. Insel-Umrundungen wie sie im theoretischen Teil Oktober 2021 anhand des Beispiels Spiekeroog erarbeitet wurden, waren hier bei der praktischen Umsetzung dann nicht geplant, da das relativ inhomogene Leistungsniveau innerhalb der großen Gruppe es nicht hergab. Diese unter Kontrolle zu halten, war schon Herausforderung genug.
Wer auf Tidengewässern unterwegs ist, merkt schnell, dass diese enorm den Tagesablauf bestimmen und takten. Und so war es auch nicht verwunderlich, dass wir für die Fahrten am Samstag wie Sonntag nach Norderney und Spiekeroog bereits um 4:30 Uhr früh morgens aufstehen mussten, um dann um 7 Uhr am Startpunkt Norddeich/Mole bzw. Neuharlingersiel paddelbereit zu sein. Das zweite, was wir von Mutter Natur in der Praxis gnadenlos aufs Tablett gepustet bekamen, war das Phänomen „wechselhaftes Wetter“ - hier allem voran das Gebläse des Klabautermanns – also Wind. Wegen der vorhersagten 8 Bft. musste die Fahrt am Montag, die als Baltrum-Fahrt geplant war, aus Sicherheitsgründen leider abgesagt werden. Das gehört halt zum Seekajak dazu wie das Paddel zum Boot. Aber dafür hatten wir zwei traumhaft schöne Tage auf Norderney und Spiekeroog, mal abgesehen von dem ultimativen Sonnen-Schaukel-Trip auf dem Jadebusen am Freitag. Allein dafür hat es sich schon gelohnt, und man kann getrost auch mal einen Tag dafür abschreiben.
Wie eingehend schon von meinem Kollegen Ingo erwähnt, galt es in erster Linie darum, die Fahrten Tiden gerecht zu terminieren und den geeigneten Kurs zu finden, ohne trocken zu laufen, oder die Schifffahrt zu behindern. Die Betonnung wurde da als wichtige Orientierungsmarke mit einbezogen. Dazu hatten die Teilnehmer:innen zuvor diverse Dokumentationen eingereicht, um diese vorab auf Tauglichkeit durch die Fachleute überprüfen zu lassen. Die Arbeitsgruppen wurden den jeweiligen Inseln zugeordnet. Am Ende sollten sie dann im Team die gesamte Gruppe anhand ihrer Ausarbeitungen durch das Wattenmeer zwischen Festland und Insel führen, unter der Aufsicht der erfahrenen Profis wie Marc Huse und Jörg Grannaß vom DKV-NRW. Hier sei angemerkt, dass das tatsächliche Führen/Leiten von Gruppen schon über die Qualifikation für den EPP3-Küste hinausgeht und de facto schon Bestandteil vom EPP4-Schein ist. Die EPP-Aspirant:innen sollten aber im Rahmen dieses Pilotprojektes schon mal einen Eindruck bekommen, was sie bei der nächsthöheren Stufe des Europäischen Paddelpasses (also EPP) erwartet. Es sollte hier von Fehlern und Unzulänglichkeiten gelernt werden, um sich weiterentwickeln zu können. Hier spielten auch so wichtige Dinge wie Zeichenverständigung innerhalb der gesamten Gruppe eine wichtige Rolle: Paddel senkrecht hochhalten = Sammeln, Paddel horizontal hoch über Kopf = Stopp/Warten und Paddeln horizontal hoch und runter = Seenotfall/Kenterung. Des Weiteren ist auch vor Fahrtbeginn das Abfragen der nötigen Paddel-Ausrüstung üblich und sogar sicherheitsrelevant, weil immer mal was vergessen werden kann. Auch noch ein wichtiger Aspekt: Die Formation der Gruppe insbesondere beim Abfahren und Anlanden: Vor allem bei der Abfahrt vom Festland darf nicht vergessen werden, dass wir vom Hafengelände nebst Leit-Damm starten. Dort ist auch regelmäßig Schiffsverkehr unterwegs, der nicht behindert werden darf und auch schon mal unverhofft Welle machen kann. Hier galt es, diszipliniert in langer Reihe paarweise aufzufahren, um möglichst wenig von der Fahrrinne zu blockieren. Um ehrlich zu sein, sind wir alle mit einem gewissen Gefühl der Unsicherheit an die Fahrtenleitung herangegangen, weil wir einfach nicht wussten, was genau von uns abverlangt wurde... Direkt bei der ersten Überfahrt nach Norderney hatten wir dann auch – wie ich finde – souveräne KKM-Beteiligung bei der Fahrtenleitung mit unserer zweiten Vorsitzenden Martyna Sagel.
Nachdem jede:r sich seine:n Partner:in für die geordnete, paarweise Aus- wie Einfahrt ausgesucht hatte, konnte es dann auch endlich mit knapp 30 Minuten Verspätung (innerhalb der Tiden-Toleranz) losgehen: knapp 2,5 km entlang des östlichen Leitdammes ließen wir uns vom ablaufenden Wasser mit leichten Paddel-Schlägen hinaus aufs Watt ziehen. Am Ende des Leitdammes stießen wir dann auf die ersten Kreuzwellen, die durch die gegenläufige Ausrichtung vom Nord-Ostwind einerseits und des ablaufenden Gezeitenstroms in Nordwestrichtung andererseits für einige Turbulenzen sorgten, aber alle sind da problemlos durchgekommen. Wir hielten uns östlich des Busetiefs und orientierten uns entlang des roten Backbord-Tonnenstriches östlich des Busetiefs. Schließlich erreichten wir gegen 10:15 h nach 8,5 km bzw. 2,5-stündiger Fahrt sicher den Weststrand von Norderney, wo wir dann knapp drei Stunden Aufenthalt hatten, bis wir uns von dem auflaufenden Wasser wieder gen Festland (also Norddeich) schieben lassen konnten.
Der Landgang führte uns gleich zu Beginn an der Weststrand-Bar vorbei, die gerade erst um 10 Uhr geöffnet hatte und uns Kölner als erste für diesen Tag willkommen heißen durfte. Dort wird auch leckeres Norderneyer Bier ausgeschenkt, was durch das weiche Inselwasser eine ganz besondere Qualität aufweist. Zudem gab es heute als Tagesspezialität ein unglaublich leckeres Bockbier, von dem ich meine Mitstreiter:innen direkt überzeugen konnte, trotz ordentlicher Umdrehungszahl. Aber wir mussten ja schließlich genug Sprit für die Rückreise haben, es konnte also nicht schaden, den Tank noch mal aufzufüllen. Kaum hatten wir den ersten Schluck genossen, kam auch der große Rest der Gruppe nachgezogen und prompt war die Bar schon überbevölkert. Wir mussten also wohl ziemlich zufrieden ausgesehen haben, dass alle anderen es uns gleich taten – und so war es auch.
Nach dem leckeren Humpen ließen wir uns nicht lumpen, uns im das mondänen Städtchen Norderney umzusehen. Über die Strandstraße kamen wir zum Strandcafe, wo wir uns dann mit leckerem Gebäck und Fischbrötchen versorgten. Direkt gegenüber an der Kreuzung besuchten wir dann Monika Medebachs stylischen Hüte-und Mützen-Laden, wo einige um eine Kopfbedeckung reicher wurden. Sehr empfehlenswert, aber auch hochpreisig. Wir bummelten uns bis zum Kurplatz durch und schlenderten dann gemütlich wieder zurück zu unseren Booten am Weststrand, wo wir uns um 13:15 verabredet hatten.
Nachdem der Kurs abgesteckt war, legten wir recht pünktlich ab und merkten, dass der Wind spürbar aufgefrischt hatte. Aber Martyna, Anette und Stefan führten uns auf sicherem Kurs durch die kabbelige See, während Sven als Einheimischer immer mal wieder ein paar Tipps auf Lager hatte. Den Vortag noch gut in Erinnerung, war ich ein wenig enttäuscht, wie unbrauchbar die planlose Kabbelei auf dem Wattenmeer für vernünftiges Surfen war. Nichtsdestotrotz gierte mein wellenfreudiger Tiderace nach jeder Gelegenheit und war auch so nicht immer zu bremsen, was in einer so großen Gruppe manchmal sehr mühselig war, weil ständig gegengesteuert werden musste, um die Vorderfrau oder den Vordermann nicht zu rammen. Auch selbst musste man aufpassen, dass man nicht von hinten attackiert wurde. Von daher sind Sicherheitsabstände gerade bei bewegter See sehr wichtig. Auf der anderen Seite muss man darauf achten, dass gerade große Gruppen dadurch nicht zu weit auseinander gerissen werden – also ein gewisser Balance-Akt bei 20 Personen und satten drei Beaufort, in Böen mehr. In Sichtweite des Norddeicher Leitdammes begannen wir wieder mit unserer paarweisen Formation, immer die Fähren und Boote im Blick. Die letzten zwei Kilometer entlang des östlichen Leitdammes nutzen wir für ein paar Abschlepp-Manöver, bei dem sich Martyna mal als wahre Power-Frau beweisen konnte: Nachdem ich sie im Sprint gen Hafen gefühlt 100 km gezogen hatte, drehten wir den Spieß um. Nun war für mich mal Pause und Martyna konnte alles aus ihrem neuen Paddel herausholen, was ging. Da passte es gut, dass ich mit Jörg und Frank das Schlusslicht bildete und uns niemand von hinten in die Paddel-Karten schauen konnte. Während Martyna mich mit 1000 PS (oder besser: MS) ordentlich zog, bildeten wir klamm-heimlich ein Dreier-Päckchen – und zack, die Fahrt wurde merklich langsamer – sehr merkwürdig... Es dauerte etwas, bis unser Zugpferd dann doch mal mit einem Blick zurück nach dem Rechten schaute, warum ich auf einmal so schwer geworden bin. Da war das aufgeregte Gelächter groß. Im Altherren-Abschleppen kann Martyna niemand mehr was vormachen – chapeau !!!
Im Hafenbecken durften die EPP3-Aspirant:innen dann noch ihre Rollkünste unter Beweis stellen, was nicht bei allen zum gewünschten Erfolg führte, meine Person einbezogen. Aber wir bekamen noch eine großzügige Galgenfrist bis Jahresende, um diese per Videobeweis nachzuliefern – also alles entspannt.
Während das Gros der Gruppe noch im Nordener Hafen Fischbrötchen essen wollte, hatten wir Kölner Besseres im Sinn: Auf schnellstem Wege nach Wilhelmshaven zurück zum Bootshaus und zur Campingwiese, wo wir bei bestem Sonnenscheinwetter dann tiefen-entspannt bei selbstgemachten Longdrinks das Empfangskomitee für die Fischbrötchen-Fraktion stellten. Nach einer anschließenden Grill-Session ließen wir einen sehr erlebnisreichen wie auch wundervollen Tag ausklingen.
Auch am Sonntag war frühes Aufstehen angesagt, um gegen 7 Uhr von Neuharlingersiel ablegen zu können. Hier mussten wir im Vorfeld immer wieder die genauen Wetterprognosen abfragen, weil es unbeständig zu werden drohte. Aber wir hatten Glück, die Tiefdruckfront verzögerte sich um einen halben Tag in den Abend hinein, so dass wir noch bei sehr freundlichem Wetter unterwegs waren. Dieses Mal führten uns die Kolleg:innen aus Wanne-Eickel und Norden übers Wattenmeer. Der Start gestaltete sich hier etwas schwierig, weil die große Fähre direkt vor der Rampe ankerte, so dass die 20 Leute einzeln hintereinander ihre Boote zu Wasser lassen mussten. Wieder in strenger Paar-Formation verließen wir das Hafenbecken in Richtung Leitdamm/Neuharlinger Sieltief. Hier war die Fahrrinne an den Seiten derart seicht, dass einige von uns mit ihren Booten aufliefen und stecken blieben, was zeitweise für etwas Chaos in der Gruppe sorgte, weil das vorne bei der Leitung nicht angekommen ist.
Nach zwei Kilometern erreichten wir das Ende des Leitdammes und orientierten uns am roten Tonnenstrich. Allerdings taten das auch zahlreiche Segler, die sich wohl zu einer Regatta eingefunden hatten. Schon bald waren wir vor Spiekeroog von einer Armada von Segelschiffen umzingelt, was ziemlich stressig wurde, weil wir ständig ausweichen oder warten mussten, um deren Kurs nicht zu kreuzen. Segler haben hier immer Vorfahrt. So waren wir letzten Endes besser beraten, den Kurs ein wenig zu ändern und dichter an der langgezogenen Sandbank des Janssands entlang zu fahren. Normalerweise ist der gewählte Kurs strikt einzuhalten, nur triftige Gründe erlauben während der Fahrt eine Änderung. Diese lebhafte Regatta war ein solcher Grund, lernten wir dann von unserem Leiter Marc Huse.
Wir nahmen jetzt Kurs auf die gelben Messstationen vor der Westküste Spiekeroogs, umfuhren diese und schwenkten dann ostwärts ab in Richtung Weststrand von Spiekeroog, wo wir dann nach knapp 8 Kilometern Fahrt mit kleinen Hindernissen landeten, um eine gute Stunde Pause auf dem Zeltplatz zu machen, der direkt hinter den Dünen lag. Lars Bückings Kiosk am Zeltplatz – auch die „Un Vericht Bar“ in großen Lettern genannt – ist schon ein Kuriosum auf diesem Flecken von Spiekeroog – es gibt dort leckeren Kuchen und Kaffee nach jedem Gusto, solange der Magen und Gleichgewichtssinn und der Zuckerhaushalt das auch mitmacht 😉 Unter normalen Bedingungen auf jeden Fall empfehlenswert – es war nur nicht mein Tag heute – selber Schuld, keine weiteren Kommentare dazu …
Als wir uns pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt um 10:15 Uhr wieder alle einfanden, trafen wir – zumindest für die/den eine:n KKM-ler:in – auf bekannte Gesichter aus jüngerer Vergangenheit – will heißen: unserem Sicherheitslehrgang mit der Salzwasser-Union von Anfang April 2022. Es war zwar ein kurzes, aber herzliches Vergnügen – Grüße an Sigi und Essener Kollegen und Kolleginnen …
Bei der Rückfahrt orientierten wir uns nach Tonne 22, dann ziemlich hart am Rande des bereits erwähnten Janssandes, weil wir nicht wieder mit der Segelregatta in Konfrontation geraten wollten. Vor dem Leitdamm von Neuharlingersiel bildeten wir wieder unser strenges Paar-Schema.
Die Rückfahrt nach Neuharlingersiel gestaltete sich als relativ entspannt – entgegen der Wettervorhersagen vom Morgen: Wiederum hatte sich die Tiefdruckfront um einige Stunden nach hinten verschoben - der Klabautermann war auf unserer Seite …
Bei der Einfahrt entlang des Leitdammes empfand ich das seichte Wasser wohl ein einer der Wenigen als extrem nervig, weil ich mit meinem steil geführten Wing-Paddel bei jedem zweiten Zug am „gründeln“ (also Boden-Kontakt) und somit keinen geraden Kurs in der strengen Paar-Formation hinbekam.
Im Hafen angekommen, stellten wir fest, dass sämtliche Fähren im Begriff waren, nach Spiekeroog überzusetzen. Sie blockierten unsere vorgesehenen Ausstiegsstellen, sodass wir auf einen abenteuerlichen Ausstieg im Yachthafen ausweichen mussten. Hier konnte der/die eine oder andere dann auch noch ihre Ein-und Aussteige-Künste am hochgelegten Steg unter Beweis stellen. Ich denke, alle haben das gut gemeistert, und den Erst-Aussteiger:innen sei herzlichen Dank für die meiste Arbeit, die Boote sicher den steilen Steg zur Hafenkante hoch zu bugsieren.
So ging auch unsere Spiekeroog-Tour unter guten Bedingungen zu Ende – und kaum in Wilhelmshaven angekommen, merkten wir dann auch, dass die schon immer wieder angekündigte Tiefdruckfront endlich ernst machte. Es trübte sich nach und nach ein, die Kölner Wege trennten sich, ein Teil ging lecker essen, wieder ein Teil war zu k.o., um noch irgendwo hinzugehen oder auch: Die Zeit mit Ortskundigen einfach zu nutzen, um einen eventuellen Kurz-Trip nach Baltrum zu checken, der dann letzten Endes in alle Winde zerstreut wurde – im wahrsten Sinne des Wortes. Hier hätte ich den „Leit-Hammel“ spielen müssen – watt soll's so iss datt Watt – watt ey ? 😉 (vielen Dank an Sven, der mich mit seiner Beharrlichkeit sehr beeindruckt hat). Bei vereinzelten Regentropfen konnten der eine oder andere dann noch mal seine Eskimotier-Künste unter Beweis stellen, was ich mir genau angeschaut habe. Den einen oder anderen theoretischen Aspekt habe ich dann auf diese Weise noch mitnehmen können, bin aber selber nicht aktiv geworden aus „taktischen Gründen“.
Einen Vorteil hatte die windige Wetterprognose aber dann doch: wir konnten noch einen entspannten letzten Abend in Wilhelmshaven genießen und am nächsten Morgen ein ebenso entspanntes Frühstück zu „humanen Zeiten“. Nach langem Gespräch mit unserem Organisator Marc Huse zeigte sich, dass es innerhalb der DKV-Fraktion gar nicht so einfach ist, eine seekajak-affine Abteilung ins Leben zu rufen, weil einfach die Fachleute fehlen, die die nötigen Kenntnisse an Dritte vermitteln können. Hier scheint es an genügend Nachwuchs-Interesent:innen zu mangeln. Trotzdem hoffen wir, dass dieses Pilotprojekt Küste sich weiterhin innerhalb des DKVs behaupten kann und auch nächstes Jahr 2023 eine ähnlich ausgerichtete Veranstaltung möglich sein wird.
In diesem Sinne: ganz herzlichen Dank an alle Initiator:innen und Helfer:innen und auch an den Wilhelmshavener Kanu Club 1927 e.V.
von Martyna, Ingo und Tanja, Markus.